Mit dem „Mitsu“ unterwegs nach Kamerun Notizen einer Reise, die eigentlich in Eritrea enden sollte....(1996/97) Zur Bildergalerie:
Nach Eritrea sollte es eigentlich gehen, Tunesien, Libyen, Tschad und Sudan
sollten die Länder sein, die wir passieren wollten. Ausgestattet mit allen Visa (sogar Eritrea hatte großzügig ein Visum mit dreimonatiger Gültigkeit ausgestellt) starteten wir Anfang Oktober Richtung Genua. In den nördlichen Tibesti-Ausläufern Zwei Hauptrouten standen für uns letztendlich zur Auswahl: 1.) Entweder von Al Katrun ausgehend erst Richtung Tummo, dann südlich über das Tschigai-Plateau, später östlich, um in der Gegend von Wour in die teilweise noch verminte, von Nord nach Süd verlaufende Arkiafera-Ebene einzufahren oder 2.) gleich sehr weit östlich der alten, auf weiten Strecken verminten Kourizo- Piste zu bleiben, um später dann nördlich von Wour die Arkiafera- Ebene von Osten durch die Tibesti- Ausläufer zu erreichen. Für diese Variante haben wir uns dann entschlossen, nachdem wir zufällig noch zusätzliche Informationen zu dieser Strecke erhielten. Die Ausreise in den Tschad wie auch nach Niger ist zur Zeit (10/96) kein großes Problem, in einigen Stunden sind alle Formalitäten erledigt. Allerdings ist eine legale Rückkehr zur Zeit nicht möglich. Zurück zu unserem Reiseverlauf: Auf „unserer“ Piste erreichten wir bald weit östlich von Al Katrun einen markanten Schwarzen Berg, an dem wir die erste Nacht verbrachten. Es wehte ein unangenehmer, starker Wind, trotzdem waren wir guter Dinge: Am Fuße dieses Berges hatten wir deutliche Spurenbündel entdeckt, die in die geplante Richtung verliefen und denen wir am nächsten Tag folgen wollten. Dann, nach ruhiger, klarer Nacht mit einem wunderbaren Sternenhimmel, ging es auf Piste, die sich zwar mehrfach verzweigte, für uns aber ausreichend deutlich blieb. Bald sollte sich jedoch zeigen, daß etliche LKWs, die diese Piste benutzten, sich inzwischen Richtung Tibesti andere Teilstrecken gesucht hatten, aus welchen Gründen auch immer. Diesen neuen Verläufen zu folgen erschien uns zu risikoreich, weil wir hierzu keine ausreichenden Daten hatten. So blieb uns nichts anderes übrig, als auch Spurenbündeln zu folgen, deren letzte Befahrung offensichtlich schon länger zurücklag. Wir zeichneten regelmäßig unsere Positionen in die Karte ein, freuten uns über die Bestätigung unserer Navigation. Ich will hier keinen Leser mit euphorischen Beschreibungen der Landschaft langweilen. Wer die Sahara kennt, weiß sowieso, wovon ich schwärmen müsste. Nur soviel sei gesagt: Auch schon in Bereichen weit vor Erreichen des Tibesti führt die Strecke durch sehr abwechslungsreiche Landschaften von großer, herber Schönheit. Ohne sonderlich schwierig zu sein, brachte uns die Strecke steinige, felsige, sandige und auch versalzene, weiche Abschnitte, die in Regenzeiten sicher Probleme gebracht hätten. Wir trafen bis kurz vor dem Durchfahren der Nord- Süd- Kette des Tibesti keinen Menschen und kein Fahrzeug, bis auf ein einziges, noch auf libyschem Territorium. Bei dieser Begegnung rutschte uns das Herz dann aber auch gleich richtig in die Hose: Ein Toyota Pick-up mit 5 Mann in Tarnanzügen und Kalaschnikow- MPs tauchte plötzlich von einer Querpiste auf und stoppte neben uns. Es handelte sich um eine libysche Militär-Patroullie die wohl genauso überrascht war wie wir, hatten sie doch wohl kaum damit rechnen können, in dieser Öde einen weißen Mitsubishi- Bus mit einem Paar in fortgeschrittenem Alter zu treffen . Sie fragten mich dann, als ich ihnen erklärt hatte, wir seien deutsche Touristen, ob wir in den Tschad wollten. Als ich bejahte, wünschten sie uns gute Fahrt, wir fuhren weiter und ein dicker Stein fiel uns vom Herzen. Bei 23°31,60’ N; 15°57,23’ E, gerade als wir auf einem festen, glatten Sandfeld schnell vorankamen, hatten wir die (unsichtbare) Grenze zum Tschad überquert und befanden uns in einer gewissen, hoffentlich verständlichen Hochstimmung: Alles lief planmäßig, auch unsere Funkverbindung nach Deutschland war gut und stabil. Zirca 450 km nach Verlassen der Teerstraße erreichten wir die ersten Ausläufer des Tibesti. Der Anblick im Abendlicht wird uns immer unvergeßlich bleiben. Um 16.30 beendeten wir die Fahrt für diesen Tag und genossen diese herrliche Szene. Während wir bis hierher ungefähr Südkurs gefahren waren, führten die Spuren nun bald immer mehr in westliche Richtungen, nahmen Kurs auf einen Durchlass in der Nord- Süd- Kette. Die Passage nördlich von Wour Nach rund 500 km hatten wir diese Passage erreicht (Bild oben). Etwas später besuchten wir die malerisch in einem Seitental gelegene, jedoch trockene Guelta Ain Gerondo, die auch auf der „Russenkarte“ eingezeichnet ist. Bald trafen wir dann auch auf ein erstes Tubu- Lager, wo wir etwas misstrauisch empfangen wurden. Im weiteren Verlauf der Passage durch die Felsen wurden die Spuren immer sandiger, sie konzentrierten sich später immer mehr auf eine Hauptspur, je mehr wir den verminten Passagen näher kamen. Bei 21°41,00’ N; 15°48,61’ E hatten wir die Felspassage verlassen und befanden uns nun in der teilweise verminten, breiten Arkiafera-Ebene. Herrliche Felsformationen in der Arkiafera-Ebene Uns war etwas unwohl bei dem Gedanken an einen möglichen Kontakt mit noch dort befindlichen Panzerminen. Wie uns später das französische Minenräum- Kommando in Bardaï bestätigte, wäre eine solche Begegnung endgültig gewesen. So waren wir gespannt, wie deutlich in diesem Bereich die Spuren von Vorgänger- Fahrzeugen sein würden, und fühlten uns erst wieder sicher, als sich die Spuren als sehr deutlich und gut nachzufahren herausstellten. Bald rutschte uns das Herz ein weiteres Mal in die Hose als wir plötzlich zwei Toyota-Pickups fast genau auf unserer Piste entdeckten. Die Versuchung, Gas zu geben war gross, wir entschlossen uns aber anzuhalten. Eine gute Entscheidung, wie sich bald herausstellte. Es waren keine Banditen, sondern eine Gruppe tschadisches Militär, die "en panne" waren. Zwei Reifen waren platt und weder Luftpumpe noch Kompressor vorhanden. So bewährte sich unser alter Zweizylinder-Kompressor ein weiteres Mal. Unser Kompressor bewährt sich bei der Tschad-Armee Zum Abschied noch ein Gruppenbild mit Dame Später passierte uns dann doch noch ein fast folgenschwerer Navigationsfehler: Wir folgten einem Spurenbündel, das von der richtigen Nord- Süd-Richtung zu weit östlich abwich und bald Kurs auf Wour nahm. Dort wollten wir aber auf keinen Fall in die Siedlung hineinfahren, weil der dortige Dorf- Chef für gewisse Auflagen vor einer Weiterfahrt bekannt ist. So fuhren wir, nur 2 km vor Erreichen der Hütten, nach Westen entlang des Wadis, in dem früher die alte Piste nach Wour verlief. Heute wissen wir, dass dort auch noch Minen liegen können. Bei der Position 21°22,59’ N; 15°49,63’ E erreichten wir das Hauptspurenbündel wieder, genau dort, wo ein verminterAbschnitt durch aufgestellte Felsbrocken und Geschoßhülsen markiert ist. Exakt folgten wir nun den Spuren, waren froh, daß der Wour- Abstecher nicht ins Auge gegangen war. In der Ferne sahen wir die berühmten Felsnadeln von Sissé, zu denen wir uns aber nicht hinzufahren trauten. Auch von hier aus war der Anblick überwältigend, umso mehr, als auch schon dicht neben unserer Piste ähnliche Felsformationen standen, die uns im rötlichen Abendlicht bezauberten. Ich will hier nicht alle Einzelheiten der Weiterfahrt beschreiben, jedenfalls fuhren wir weiter bis kurz vor Erreichen des herrlichen Tals vor Zouar, wo wir schon bei 20°31,00’ N; 16°09,45’ E Richtung Sao abbogen. Bei diesem Abzweig handelt es sich nicht um den sonst öfter beschriebenen, der etwas weiter südöstlich, also näher an Zouar abzweigt. Wir erreichten Sao auf dieser Abkürzung und kamen so an wunderschönen Gueltas vorbei, die man auf der Hauptpiste nicht passiert. Hinter Sao beginnt bald die berüchtigte Felspiste in die Berge nach Bardaï, die uns aber für die Mühsal beim Vorwärtskommen reichlich durch wunderbare Ausblicke bis zu den Nadeln von Sissé und weitere herrliche Landschaften entschädigte. Die mühsame Piste nach Bardaï Sehr eindrucksvoll waren für uns auf dieser Strecke auch die langen Passagen, die als enge Canons in den Tuffstein geschnitten waren. Am 19.10. gegenMittag parkten wir dann nach ca. 800 km ab Teerstraße bei 20°56,48’ N; 16°34,08’ E am „Trou au Natron“. Atemberaubend: Trou au Natron Sprachlos vor Staunen standen wir am Kraterrand und blickten rund 780 m in die Tiefe. Den wirkungsvollen Hintergrund bildet dort der fast 3300 m hohe Pic Toussidé. So wunderschön hatten wir uns diesen Anblick nicht vorgestellt. Das Licht war gerade günstig um diese Zeit und so sorgten wir durch einige Aufnahmen dafür, dass uns die Erinnerung an diesen Anblick nicht verloren gehen kann. Langsam fuhren wir weiter auf unserer Holperpiste, unserem nächsten Ziel entgegen: Bardaï. Am Natronloch hatten wir immerhin eine Höhe von ca. 2440 m mit der Folge, daß es morgens recht frisch im Wagen geworden war. Das Einschalten unserer Diesel- Heizung bescherte uns dann aber eine sehr unangenehme Erkenntnis: Beide Starterbatterien waren völlig leer, der vor unserer Abfahrt neu eingebaute Generator defekt, wir konnten nicht mehr starten. Kein schönes Gefühl in dieser Gegend, wie man sich sicher leicht vorstellen kann! Doch, Glück im Unglück, standen wir zur Übernachtung nicht sehr weit von der Piste und schafften es mit viel Mühe, den Wagen bis auf einige Meter an die Piste rollen zu lassen. Ein Start gelang uns aber leider nicht, das Magnetventil zum Diesel- Zulauf erhielten keine ausreichende Spannung mehr. Wir hatten auch für solche Fälle vorgesorgt, nun mußten wir diese Vorsorge auf Brauchbarkeit testen.Wir schlossen unser kleines Solar- Panel (Siemens 18W) direkt an die Batterie an und richteten es sorgfältig mit dem Amperemeter auf besten Ladestrom aus. Am schlimmsten war die Ungeduld, verbunden mit der Ungewißheit, ob es denn klappen würde. Nach 6 Stunden Ladung dann der Startversuch! Der Motor sprang sofort an, es konnte weitergehen. Leider passierte mir dann im Verlauf des nächsten Tages ein verhängnisvoller Fahrfehler: Bei einer sehr steinigen Passage gab ich zu wenig Gas, würgte so den Motor ab, der auch nicht noch ein zweites Mal ansprang. Gerade hier standen wir ganz ungünstig in einer Senke, kein Wagen hätte an uns vorbeifahren können. Es blieb uns also nichts anderes übrig, als direkt dort stehenzubleiben und die Nacht zu verbringen. Am nächsten Morgen hatten wir gerade 2 Stunden Solar- Ladung hinter uns, als uns eine völlig unerwartete Hilfe in Form eines großen LKWs zuteil wurde. Der Wagen kam 1600 km aus N`Djamena, kroch hier im Kriechgang über die Piste. Er hatte Versorgungsgüter für Bardaï geladen. Oben auf der Ladung thronten noch etliche Fahrgäste, die die weite Reise dort oben mitgemacht hatten. Gemeinsam schoben wir unseren „ Mitsu“ auf die Seite, dann schleppte uns der LKW an und wir rollten gemeinsam nach Bardaï. Wer sich in die Situation hineindenkt, kann unsere Freude sicher nachempfinden. Die Oase liegt wunderschön. Wir durchfuhren nach der Eingangskontrolle beim Militär den langen Palmenhain und meldeten uns dann bei Gendarmerie und Sous- Préfecture, die sich gegenüber liegen. Unseren „Mitsu“ hatten wir derweil auf einem Hügel nebenan postiert, von wo aus wir ihn zum Start abrollen lassen konnten.
Die Formalitäten verliefen ziemlich reibungslos, nachdem ich der Forderung, ab hier mit einem (teuren) Führer weiterzufahren, dadurch entgangen war, dass ich sagte, mit dem LKW gemeinsam nach N`Djamena weiterreisen zu wollen. Darauf fielen ihnen keine Gegenargumente mehr ein, sie waren sprachlos. 12 Mann sind zur Zeit bei der französischen Armee in Bardaï stationiert und haben die Aufgabe, die Tschad- Armee zum Beseitigen der Minen anzulernen. Für uns erwiesen sich die Franzosen als Retter in der Not. Nach einer sehr herzlichen Aufnahme in ihrer Unterkunft, dem ehemaligen Haus des Arztes Dr. Staewen, wurden unsere Batterien geladen, während unser „Mitsu“ unter einem schattigen Dach im Camp stand. Diese spontane Hilfe der Franzosen werden wir nicht vergessen! Palmenhain in Bardaï Wir wurden dann großzügig bewirtet, das kalte Bier war die Krönung. Eine Besichtigung der verschiedenen Minen- Arten folgte. Wir waren froh, hier neben Produkten diverser Herstellerländer keine deutschen Muster zu finden. Neben den grünen Minen aus Plastik sind uns besonders heimtückische Splitterausführungen aus belgischer Herstellung im Gedächtnis. Leider endete dieser so erfolgreiche Tag dann nicht so angenehm und glücklich, wie er bis hierher verlaufen war, sondern „bescherte“ uns das unangenehmste Erlebis, das wir auf allen unseren Afrika- Reisen bisher hatten: Zur Übernachtung hatte man uns einen Platz gezeigt, der nur ca. 200 m oberhalb des Franzosen- Camps und damit auch nur 300m oberhalb von Gendarmerie und Sous- Préfecture lag. Gegen 22 Uhr löschten die Franzosen das Licht, schalteten den Generator aus, und so lagen Stille und Dunkelheit über der malerischen Oase. Wir waren gerade zu Bett gegangen, als wir Stimmen direkt neben unserem Wagen hörten. Ich fragte, was los sei, und es entspann sich daraufhin ein Wortwechsel zwischen mir und zwei Männern, von denen der Anführer offensichtlich angetrunken war. Nachdem er sich vergewissert hatte, daß wir nur zu zweit im Wagen waren, befahl er seinem Kumpan, die Maschinenpistole durchzuladen und zu entsichern, sie dann auf meinen Bauch aufzusetzen und bei der geringsten Bewegung abzudrücken. Dann begann die Durchwühlung unseres Wagens, kein Teil blieb an seinem Platz. Zwischendurch wurden Bärbel und ich noch geschlagen, bevor sich der Typ mit 200 FF und 210 Libyschen Dinaren verzog, nicht ohne mir noch die Uhr vom Arm zu reißen. Wir waren völlig geschockt, ich kletterte auf den Fahrersitz, der Motor sprang nach der vorher erfolgten Batterieladung sofort an, und wir rasten zur Unterkunft der Franzosen, die uns sofort einließen. Noch in der Nacht machten sie sich dann an die Verfolgung, ohne Erfolg natürlich. Am nächsten Tag wurde ein ausführliches Protokoll erstellt, wir glauben, daß man bereits wusste, wer den Überfall begangen hatte, und wir glauben es heute auch zu wissen. Die Frage ist natürlich, ob dieser Überfall bei zwei Fahrzeugen gemeinsam auch erfolgt wäre. Ich glaube eher, nicht.... Nach diesem üblen Erlebnis kehrte am nächsten Tag langsam wieder Ruhe ein und wir besichtigten den Rest der Oase, natürlich auch die farbigen Felsen von Jean Vérame, über die man sicher geteilter Meinung sein kann. Wer weiß, was das Ganze gekostet hat, durch wen die Farbe dorthin transportiert wurde und sich überlegt, was man in diesem Ort mit dem selben Geld hätte bewirken können, wird sich wohl eher an den Kopf fassen. Ich persönlich brauche jedenfalls bunt angemalte Felsen in der Sahara genauso wenig, wie einen verhüllten Reichstag in Berlin. Gut, daß wir nicht alle gleich empfinden........ Wir zogen weiter Richtung Süden, mussten auf die Weiterfahrt über Yebbi Bou zu den Ounianga- Seen schweren Herzens verzichten, weil wir auf direktem Weg die 1600 km in die Hauptstadt hinter uns bringen wollten. Wir wollten dort die Austausch- Lichtmaschine abholen und einbauen, die wir schon am Tag zuvor, noch vor dem Überfall, mittels unseres Kurzwellensenders in Deutschland bestellt hatten. Wir hatten die Mikro- Filme mit den Ersatzteilnummern sowie ein Lesegerät dabei, so war es leicht die Teilenummern herauszufinden. Wieder am Trou au Natron angekommen, saß uns die Angst, wieder überfallen zu werden, noch ziemlich im Kopf. Trotzdem verbrachten wir eine ruhige Nacht allein am Kraterrand, waren aber froh, als es wieder hell wurde. Unser Weg führte uns dann noch einmal über Sao, bevor wir, vorbei an vielen zerschossenen Lkw`s und Panzern als mahnende Zeugen des Krieges, in die herrliche, ca. 40 km lange Schlucht vor Zouar, dem Enneri Zouarké kamen. Im Enneri Zouarké Eine üppige Vegetation, seltsame Felsformationen, viele Vögel und anderes Getier begeisterten uns hier , bevor wir in Zouar einliefen. Ein sehr freundlicher Empfang wurde uns durch die hilfsbereite Gendarmerie zuteil, die uns später zur örtlichen Verwaltung weiterschickte. In diesem Büro befindet sich eine bekannte „Zahlstelle“, das heißt, hier soll dem Touristen ein kostenpflichtiger Führer „vermittelt“ werden. Diesem Ansinnen konnten wir mit einem kleinen Trick entgehen: Wir erklärten uns bereit, ihnen 40 US- Dollar in F-CFA zu wechseln, wenn wir dann nicht zu zahlen hätten. So schieden wir als Freunde, nachdem man uns zum Schluss noch mit einer geradezu unglaublichen Nachricht versorgt hatte: Angeblich sollte ein anderes Fahrzeug mit einem Mann und einer Frau, sowie einem Hund in genau solch einem Fahrzeug vor zwei Tagen hier durchgekommen und weiter Richtung Faya gefahren sein. Diese Nachricht ließ uns nun keine Ruhe mehr, wir wollten unbedingt wissen, was an dieser Behauptung stichhaltig war und beschlossen, beschleunigt nach Faya weiterzufahren. Wir konnten uns vorstellen, dass diese beiden, wenn es denn wirklich wahr sein sollte, bis zum Brunnen bei Yen, ca. 100 km vor Faya, fahren würden, um dort ausgiebig zu duschen und zu waschen. Morgens um 8 Uhr waren wir in Zouar eingetroffen, schon um 11 Uhr ging es deshalb weiter, nachdem wir alle Formalitäten hinter uns gebracht und noch 20 Liter Diesel zugetankt hatten. Abschied von den Behörden in Zouar Die Strecke nach Faya, dem ehemaligen Faya- Largeau, das während des Krieges öfter in den Schlagzeilen gestanden hatte, ist anfangs steinig und mühsam, später ging es dann flotter vorwärts. Ungefähr 100 Kilometer vor Faya sollte man eine nördliche Umfahrung der alten, dort angeblich noch verminten Piste benutzen, die dann an zwei schönen Brunnen vorbeiführt. Die Umfahrungspiste, die sich bei 17°59,78’ N; 18°18°15,95’ E von der durch Stangen markierten Piste entfernt, ist unangenehm zu fahren. Vielleicht gibt es noch eine bessere Strecke, wir wussten es leider nicht. Am Brunnen angekommen, trafen wir keine anderen Reisenden an. So trösteten wir uns mit einem ausgiebigen Duschbad und einem halben Waschtag, bevor wir nach Faya weiterfuhren. Die Piste ist im weiteren Verlauf dorthin nur mit „ schrecklich“ zu bezeichen, wir hatten außerdem noch das Pech, ihr durch extremen Sandwind kaum noch folgen zu können. Wenige Kilometer vor Faya gab es dann noch eine Kontrolle durch die Gendarmerie von Anoul, die zwar völlig korrekt verlief, wo man uns aber drängte, einen Soldaten mit nach Faya zu nehmen. Wir waren zwar wenig begeistert, stimmten dann aber zu, mit dem Erfolg, dass uns der gute Mann sozusagen als Dankeschön unseren kleinen Kurzwellenempfänger klaute. In Faya kamen wir bei anhaltendem starken Sandwind an und waren froh, mit unserem Lichtmaschinen- Schaden erst einmal bis hierher gekommen zu sein. Wer Faya kennt, wird mir Recht geben, wenn ich behaupte, dass sich der eigenwillige Charme dieser Wüstenstadt nicht in den ersten Stunden vermittelt, bei diesem Sandwind schon gar nicht. Erst als wir dort vier Tage hinter hohen Mauern geschützt gestanden hatten, fühlten wir uns recht heimisch und irgendwie geborgen, wußten wir doch, dass nun noch rund 1000 km Piste auf uns warteten, dabei die Durchfahrt durch den Erg Djourab. Vielleicht ist uns Faya auch wegen des „Wunders“, das wir hier erlebten, so ans Herz gewachsen: Ich hatte gerade die diversen Behördengänge erledigt und mich angeregt mit dem Polizeikommissar unterhalten, als dieser so nebenbei sagte, es sei noch ein Touristenauto gekommen und müsste wohl noch in der Stadt sein. Ich fiel aus allen Wolken. Sollte die Information aus Zouar wirklich wahr sein? Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten: Als ich zum Auto ging, um 2x 6000 F-CFA und Passbilder zu holen, stand schon ein zweiter Mitsubishi L 300 4x4 mit Schweizer Kennzeichen neben uns und Bärbel unterhielt sich bereits mit Yvonne und Marcel. Wir waren alle vier sehr froh, uns getroffen zu haben, und beschlossen spontan, gemeinsam weiterzufahren. Die beiden waren genau wie wir allein von Al Katrun aufgebrochen, waren genau die selbe Strecke gefahren und hatten unsere Spuren für frische Spuren eines einheimischen Fahrzeuges gehalten. Lediglich den Abstecher nach Bardaï hatten sie nicht gemacht und waren dadurch an uns „vorbeigefahren“. In Marcels L 300 war der Kühlerventilator gebrochen, den wir dort mit 2-K- Material notdürftig reparierten. Bei Tahir Moussa, einem freundlichen und seriösen Händler erwarben wir ein 200 Ltr.-Fass Diesel für 60 .000 F-CFA und bereiteten uns auf die Reststrecke bestmöglich vor. Unsere weitere Zeit im Tschad ist relativ schnell beschrieben: Bei konstant starkem Sandwind erreichten wir auf durchgehend gut markierten oder zumindest gut zu erkennenden Pisten den Erg Djourab, den wir auf der „Lkw- Piste“ relativ leicht durchquerten. Die Piste verläuft anders, als z.B. in Tours 3/95 beschrieben. Mitten im Erg trafen wir einen Lkw mit Getriebeschaden, der dort mit zwei Leuten schon drei Wochen stand und auf seine Teile wartete. Dieses Treffen gab uns natürlich noch einmal sehr zu denken. Wir passierten einige Wüstendörfer mit Polizeikontrollen, die ziemlich problemlos verliefen. Lediglich in Salal gab es fast ein kleines Problem, als man von Marcel verlangte, er möge doch bitte seinen Auspuff vom L 300 abschrauben, der würde doch auch an ihren Toyota passen....In Moussoro büßte Marcel einen Treibstoffkanister ein, der ihm mitten im Ort vom Dach geschnitten wurde, während unsere Schaufel noch an ihrer Kette hing. Nur in Massakori gabe es noch ein größeres Problem mit der „Sûreté“, die am südlichen Ortsende (12°58,94’ N; 15°43,43’ E) regelrecht lauert. „Sie haben in der ersten Stadt im Tschad kein Krankenhaus aufgesucht und sich dort bescheinigen
lassen, daß Sie frei von ansteckenden Krankheiten sind“, meinte der gute Mann und war natürlich auch nicht mit dem Hinweis auf unsere Impfpässe zufrieden. „Zahlen Sie 20.000 F-CFA pro Fahrzeug, oder wir
räumen Ihnen die Fahrzeuge auf der Straße komplett aus“ waren dann ja auch schlagkräftige Argumente. Wir einigten uns dann auf 10.000, immerhin auch noch DM 30,--. Für Marcel konnten wir mit 8.000
einen echten „Studententarif“ aushandeln. Nur einmal passierte uns diese Panne, bei weiteren Kontrollen prüften wir immer, ob eventuell Telefon oder Fahrzeug vorhanden waren, was nie der Fall war
, dann sind wir einfach weiter gefahren. Nördlich von Yaoundé trafen wir in unserem Camp einen Lkw von „Encounter Overland“ aus London mit
20 jungen Menschen an Bord. Zwei Wochen hatten sie an der Grenze zur ZAR gewartet, bis sie mit einer Sondergenehmigung (die wir auch hatten) einreisen durften. Aber dann ging es in Bangui nicht weiter,
sie gerieten zwischen die Fronten und waren froh, als sie nach weiteren zwei Wochen wieder aus dem Land zurück waren. Nachtrag: Dieser Reisebericht schildert die Situation 1996. Zwischenzeitlich hat sich die Lage im Nordtschad nach einer vorübergehenden Verbesserung wieder verschlechtert. |